Die Politik schenkt. Die Bauwirtschaft versenkt. Mit dem Speicherkanal werden auf einmal 84 Mio. € Steuergeld begraben.
Haben wir das nötig?
Möchten Sie, dass Ihr Geld im Kanal verschwindet oder doch lieber sinnvollen Dingen zugeführt wird? Ausbau der Öffis, Feinstaub-Maßnahmen und vieles mehr sind deutlich wichtiger.
„Weil ich das Geld lieber in der Mur vergrab, als dass es im Budget des Landes Steiermark verdampft“
Ehem. EStAG Vorstandsdirektor FRANZ KAILBAUER auf die Frage, warum er die Mur-Staustufe bauen wolle, obwohl sie wirtschaftlich schwer darstellbar ist.
Das Denken des ehemaligen Vorstands ist heute noch präsent in der Energie Steiermark vorhanden. EStAG-Jurist Dr. Kranz bestätigte 2009 bei einer Diskussion rund um die Kraftwerke Gössendorf & Kalsdorf den Sager lachend mit: „Ja, das stimmt.“
Was kostet der Sammelkanal?
„Die Kosten des ZSK liegen bei rund € 81,4 Mio. (Anm: „vergessen“ an dieser Stelle: ca. 3,0 Mio. für Grünraumgestaltung) wovon aber ca. € 14 Mio. von der Energie Steiermark als Entschädigung an die Stadt Graz bezahlt werden.“ sagt die Seite murkraftwerk.at (Energie Steiermark). Ein gutes Geschäft für die EStAG, schließlich hätte die Kleinvariante des Kanals schon rund 20 Mio. € gekostet. Die Energie Steiermark bringt sich also bei den Baukosten ein, der ursprünglich vereinbarte Betrag von 21 Mio. war ihr allerdings zu teuer. Die politische Lösung: Land Steiermark vergibt der Stadt Graz eine 7 Mio. Förderung für den Bau des ZSK, der von den 21 Mio. einfach abgezogen wird. Die EStAG zahlt nur noch 2/3 der ursprünglichen Summe.
„Die Energie Steiermark zahlt rund € 14 Mio. Entschädigung zum ZSK dazu, dies entspricht genau den Kosten welche die Energie Steiermark aufgrund ihrer Verpflichtungen aus der UVP-Bewilligung des Kraftwerkes 'sowieso' zu zahlen hätte.“
Eine dreiste wie schamlose Tatsachen-Biegung auf murkraftwerk.at
Die Stadt Graz selbst benötigt für den Speicherkanal ein außerordentliches Budget, sprich sie muss einen Kredit aufnehmen. Und sie nimmt für ein privates Unternehmen gleich 14 Mio. € mit auf. So bleibt der wirtschaftliche Schaden mit ziemlicher Sicherheit bei den BürgerInnen hängen oder wird auf die StromkundInnen abgewälzt. Betreiber und Politik legen keine Wirtschaftlichkeitsrechnung offen. Das Betriebsgeheimnis wird seine Gründe haben. Ist das eine notwendige Beihilfe über Umwege für eine Aktiengesellschaft mit einem Umsatz weit über 1,1 Mrd. €? Unzulässige Subvention? Warum muss der Gewinn auf Kosten der Grazer Bevölkerung gehen?
Unklare Rechnung, beste Freunde?
In der Energie Steiermark erhöht man die Wirtschaftlichkeit der eigenen Projekte offensichtlich gerne durch eine Finanzierungsumschichtung und mit freundlicher Unterstützung der öffentlichen Hand. Der ohnehin gesenkte Beitrag wird von der Stadt Graz vorfinanziert und in Form eines zinsgestützten Kredits über 25 Jahre abgestottert. Die Kosten gelten damit nicht als Investitionskosten für das Kraftwerk sondern schlagen sich als laufende Betriebskosten/Finanzierungskosten zu Buche.
„Irgendwie wird sich das Werkl schon rechnen.”
LH-Stv. Michael Schickhofer (Kronen Zeitung vom 4. Dez. 2016)
Laut Stadtrechnungshof Graz betragen die jährlichen Betriebskosten für den Speicherkanal € 520.000, wobei ein wesentlichster Kostenanteil die Mehrbelastungen des Klärwerks Gössendorf verursacht. Bei der Stadt Graz werden die Rückzahlungen also keinen Geldsegen auslösen, 560.000 € pro Jahr (gerechnet ohne Zinsen, die Stadt muss das Geld schließlich auch aufnehmen) decken nämlich gerade die Betriebskosten. Ein Budget für den Speicherkanal ist demnach eine völlige Verschwendung für viele Jahrzehnte.
Wird hier jemand über den Tisch gezogen?
Alle Zitate aus der Entschädigungsvereinbarung zum „Kooperationsvertrag iZm WasserkraftanlageMurkraftwerk Graz“ zwischen der Stadt Graz und den Betreibern.
1. Das Kraftwerk belastet das System
„Im Zuge der Errichtung des Murkraftwerk Graz kommt es notwendigerweise zu einer Beeinträchtigung des bestehenden Mischwasserentlastungssystems. Durch den Aufstau der Mur – und ohne Setzung entsprechender baulicher Maßnahmen - würde das Mischwasserentlastungssystem in der bestehenden Form seine Funktion verlieren.“
2. Die Stadt Graz verzichtet auf ihr Recht
„Auf Grundlage der aktuellen Rechtslage, sowie Abschätzung einer künftigen Entwicklung der umweltrechtlichen Rahmenbedingungen ist davon auszugehen, dass der aktuelle Status quo des Mischwasserkanalsystems samt Entlastung ungeklärter Abwässer in die Mur – trotz aller ökologischen Bedenken und Auswirkungen für die Gewässernutzung - für einen absehbaren Zeitraum aufrecht erhalten werden könnte und zulässig bleiben wird.“
„Der zweite Effekt des Errichtungserfordernis für die Stadt Graz besteht darin, dass die Stadt Graz in ihrem - derzeit wasserrechtlich aufrechten und gesicherten - Recht, Mischwässer in bestimmten Umfang - und sohin ohne gesonderten monetären Aufwand - in die Mur zu entlasten, beschnitten wird, bzw. verzichtet die Stadt Graz auf den diesbezüglichen geldwerten Vorteil.“
3. Weil sie verzichtet und es später noch schwieriger wäre, muss sie jetzt bauen
„Diese wesentliche Einschränkung bezüglich der Einleitung von Abwasser im Sinne der vorangeführten wasserrechtlichen Bewilligung ist Voraussetzung für die technische Realisierbarkeit des Murkraftwerk im projektierten Sinn. Vor dem Hintergrund des Umstandes, dass durch die Kraftwerkserrichtung eine spätere Realisierung eines zentralen Speicherkanals technisch und wirtschaftlich nicht mehr realisierbar sein wird, macht die wesentliche Einschränkung der Stadt Graz auf das Recht zur Einleitung von Abwässern in die Mur im obigen Sinn die Errichtung des zentralen Speicherkanals erforderlich.“
4. Entschädigen lässt sie sich allerdings nur einen Bruchteil
„Als Ausgleich für den der Stadt Graz durch die erforderliche vorgezogene Investition verursachten wirtschaftlichen Nachteil, verpflichtet sich die Murkraftwerk Graz zur Leistung einer laufenden jährlichen zum Jahresende fälligen Entschädigung während 25 Jahren ab Inbetriebnahme des Murkraftwerks. Für das erste Betriebsjahr besteht die Zahlungspflicht aliquot zu den vollen Monaten des Betriebes.“
„Prüfern stinkt das Grazer Kanalsystem“
Kommentar zum Rechnungshofbericht, Kleine Zeitung, 18. März 2017
Die Stadt Graz versucht eine Budgetsanierung mit Kanalgebühren. Statt einer ordentlichen Rücklage für Investitionen in Kanalnetz und Kläranlage leitet sie zwischen 2005 und 2014 eine Summe von € 151 Mio. aus Kanalgebühren ins allgemeine Budget.
Im Bericht des Rechnungshofes (Abwasserentsorgung in Graz) heißt es:
„Die Stadt Graz entnahm dem Gebührenhaushalt Abwasser durchschnittlich rd. 15,11 Mio. EUR jährlich für den allgemeinen Haushalt. Ohne diese Entnahmen und unter Berücksichtigung der Vorsorgen für Abfertigungen und Pensionen wäre die Bildung einer Rücklage möglich gewesen, die zum 31. Dezember 2014 bereits eine Höhe von mehr als 100 Mio. EUR erreicht hätte. Damit könnte die Stadt Graz den Großteil der bis zum Jahr 2030 geplanten Ausgaben für die Kanalsanierung und die Anpassung der Abwasserreinigungsanlage (rd. 131 Mio. EUR) finanzieren.“ S. 9
Ein glattes Nicht Genügend erhalten Stadt und Holding Graz bei der Sanierung:
„Die von der Stadt Graz und der Holding Graz bisher jährlich durchgeführten Sanierungen von 2,7 km der Kanalhaltungen bzw. 0,32 % des Kanalnetzes stellten lediglich ein Drittel der erforderlichen Mindestsanierungsrate von 1 % dar.“ S 13.
Weiters unterstellt der Bericht der Holding auch großflächige Ahnungslosigkeit:
„Das von der Holding Graz verwendete Datenbankprogramm erfüllte in vielen Bereichen nicht die Funktion eines Indirekteinleiterkatasters. Insbesondere fehlte der Überblick über Anzahl und Status der Indirekteinleiter und damit über Abwasserfrachten und –qualitäten.“ S. 9
Und fehlenden Austausch:
„Überwachung der Indirekteinleiter aufgrund mangelnder Kommunikation der befassten Organisationseinheiten nur eingeschränkt möglich. Dadurch waren konsenslose Einleitungen nicht ausgeschlossen.“ S. 14
Großes Interesse den Abwasseranfall festzustellen gibt es nicht:
So „nützte bspw. die Holding Graz die Möglichkeit des Datenabgleichs“ S. 14 für die Erfassung der Indirekteinleiter nicht oder forderte Informationen der Umlandgemeinden „mit zu geringem Nachdruck ein.“ S. 15
Zusammenfassend gesprochen hat die Stadt keine Ahnung über ihre Schmutzfrachten:
„Aufgrund der mangelhaften Führung des Indirekteinleiterkatasters genügten die auf diesen Daten aufbauenden Berichte an die Wasserrechtsbehörde nicht den rechtlichen Anforderungen. Insbesondere fehlten Angaben über die Frachten maßgeblicher Abwasserinhaltsstoffe.“ S. 15 „Die Holding Graz als Verantwortliche für die Daten, die sie in Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung der Wasserrechtsbehörde übermittelte, überprüfte diese nur teilweise auf Vollständigkeit und Richtigkeit.“ S. 15
„Der Transfer von Daten über die Indirekteinleiter an die Betriebsleitung der Abwasserreinigungsanlage war ungenügend und nicht institutionalisiert. Damit standen wertvolle Informationen zur Verbesserung der Betriebsführung der Abwasserreinigungsanlage nicht zur Verfügung.“ S. 15
Muss der Speicherkanal gebaut werden, um die anhaltende Inkompetenz abzuleiten?
Anmerkung: Der angebliche „Stand der Technik“ für den Speicherkanal wird im Bericht nicht weiter spezifiziert, dafür ist der Rechnungshof auch nicht geeignet. Er bewertet nur positiv, dass sich die Stadt Graz dieser ominösen Linie annähern will und übernimmt sonst im Wortlaut die dünne Argumentation der Kanalbauer: „Die Holding Graz führte die Mischwasserkanalisation schrittweise an den Stand der Technik heran. Nachdem sie verschiedene Varianten zur Erfüllung der Anforderungen untersucht hatte, entschied sie sich für die Errichtung eines zentralen Speicherkanals von rd. 10,5 km entlang des Murufers. Die Stadt Graz kam damit einer Verpflichtung nach, die sich im Zuge der erforderlichen Erweiterung der Abwasserreinigungsanlage ergab.“ S. 11
Quelle: http://www.rechnungshof.gv.at/berichte/ansicht/detail/abwasserentsorgung-in-graz.html